Montag, 18. Juni 2018

Arschlochkind




Anton geht in die erste Klasse.

Es ist hier die Grundschule, in der sich die halbe Nachbarschaft tummelt.

Er ist, wie soll ich es sagen, kein Engel, aber ein anständiger Sonnenschein. An manchen Tagen möchte ich ihn gerne, wahlweise, auf den Mond schießen, zur Adoption frei geben oder ihn im Heizungskeller mit Kabelbinder an die Rohre ketten.

Doch ist er im Umgang mit anderen Kindern großartig. Er toleriert jede Macke oder Verhaltensauffälligkeit. Sagt deutlich wo seine Grenzen sind und geht lieber weg, bevor er schlägt.

Auch sieht er, wenn Hilfe benötigt wird und ist empathisch. Jähzornig ist er übrigens auch, damit uns hier nicht schlecht wird vor lauter Lob!

Hier in der Nachbarschaft und auch auf der Schule gibt es einen Jungen, der es richtig scher hat. Er ist anders als andere Kinder und versucht zwar mit den anderen mitzuhalten hat aber im sozialen Umgang richtige Lücken, die er mit Brutalität versucht zu schließen. Kontaktaufnahme ist nicht mit Hallo, sondern gerne einfach mal einen Klaps, egal wohin. Kein Kind mag tatsächlich mit ihm spielen. Eigentlich schade, dachte ich, in meinem Erwachsengehirn. Doch nachdem ich ihn erlebt habe, in verschieden Situation, verstehe ich die anderen Kinder.

Mein, „Ey, der kann nicht anders, danach kann man doch mit ihm spielen!“ oder; „ Weißt Du, der kann doch auch Schach spielen, mach das doch mal mit ihm!“ oder, „ Willst du ihn nicht mal besuchen und mit ihm dein neues Hörspiel anhören?“, wurde immer seltener, bis es komplett aufhörte.

Denn Anton beschwerte sich jeden Tag. Erst ging es nur darum, dass er sie in der Betreuung nicht richtig mit dem Lego spielen ließ. Dann ging es weiter, in den Pausen ging er nicht weg, schlug, trat und beschimpfte die anderen Kinder. Er konnte nicht akzeptieren, dass die anderen Kinder nicht mit ihm spielen wollten. Drängte sich auf unangenehm brutale Weise auf.

Mir fehlten mittlerweile die Worte zur Beschwichtigung von Anton. Jeden Tag gingen wir hier zu Hause in einen Konflikt rein, weil Anton mit der Situation in der Schule so unglücklich war.

Nach drei Wochen sagte ich, „Weißt Du was, ich kümmere mich drum!“ Anton strahlte mich Zahnlücken lastig an, leierte mir noch Schokolade aus dem Ärmel und trollte sich.

Ich setzte mich hin und rief die Mutter an. Nicht gerne, weil ich finde, es ist nicht mein Tanzbereich, der Schulhof der Kinder. Aber gut, ich war mürbe genug um es zu tun.

Es wurde ein nettes Gespräch, denn wir kennen uns und sind auf irgendeine Art und Weise befreundet. Es kam raus, dass er sich auch in der Familie so komisch benimmt und sie nicht mehr weiterweiß. Es ging sogar soweit, dass ich ihn schon bei ihr in Schutz genommen habe. Sie wollte mit ihm reden. Für mich war damit alles erledigt. War es aber nicht!

Irgendwann in der Woche schellte das Telefon. Anton nahm ab und seine Mutter war dran. Er begann sich plötzlich zu rechtfertigen. Ich hatte keine Zeit und versprach sie später anzurufen.

Ihr Sohn hatte sich bei ihr beschwert, dass Anton ihn hin geschubst hätte und er nicht mit dem Viertklässler spielen dürfte, weil ihn die anderen Jungs wegscheuchen würden.

Ließ sich alles ganz schnell klären. Er war ausgerutscht, weil Anton mit ihm Blödsinn gemacht hat. Keiner hatte Schuld, alles gut. Doch beharrte sie auf einen Gesprächstermin, an dem auch eine andere Mutter mit ihrem Sohn teilnehmen sollte. Bitte, wenn dann Ruhe ist, gerne.

Das Gespräch war eine Verschwendung von Lebenszeit! Sie pochte dauerhaft darauf, dass ihr Sohn weggescheucht worden wäre und dass er nicht mit dem Viertklässler spielen dürfte. Währenddessen hortete ihr Sohn die abgezählten Süßigkeiten. Es kamen nur latente Vorwürfe in Richtung Anton und seinem Freund. Die andere Mutter starrte gelangweilt geradeaus. Mir wurde es einfach zu blöd!

„Naja, es kann auch nicht sein, dass ein Kind ständig schlägt oder tritt und nicht aufhört, obwohl die anderen Halt/Stopp sagen. Sie dann noch beschimpft...“

„Natürlich will ich keine Strichliste führen, aber...“

Und jetzt platzte mir der Kragen!

„So, über so einen Kindergarten rede ich nicht! Wer hier mit wem spielt ist mir scheißegal! Wir können uns gerne darüber unterhalten, wie der Umgang untereinander ist. Höflichkeit und Respekt voreinander, das wäre sehr schön. Niemand schlägt, tritt oder spuckt, fertig!“

Bin aufgestanden und habe mein Kind eingesammelt, was mich angrinste!

„Ähm,“ versuchte sie die Situation zu retten, „willst Du nicht die Süßigkeiten verteilen, die sind nicht für Dich alleine gedacht gewesen, weißt Du.“

Nö, wollte er nicht. Hätte ich übrigens auch nicht getan, an seiner Stelle. Was ich habe, dass habe ich! Und außerdem bekommt er sonst nichts!

So, aber das Gespräch brachte gar nichts!

Einen Tag später kam Anton nach Hause und beschwerte sich wieder über Ihn! Er hatte wieder geschlagen und getreten!

Mein Sohn hat jetzt eine Ansage bekommen, wenn ich eine Woche nicht höre, dass dieses Kind ihn wieder schlägt oder tritt, dann darf er am Samstag PlayStation spielen. Außerdem darf er jetzt gerne auch mal zurückschlagen, so richtig!

Anton schaute ungläubig!

Ja, sagte ich, geh ihm aus dem Weg und spiel woanders. Der Typ ist doof und versteht es nicht. Wenn er kommt schick ihn weg, wenn er nicht geht, dann geh du. Wenn er dich schlägt, dann schlag zurück und hol dir Hilfe.

JAAA, ich weiß, es ist nicht pädagogisch wertvoll, aber den Anspruch habe ich nicht! Ich will Ruhe in unserem Leben haben und wenn dann eben so ein Arschlochkind mit kognitiv suboptimal ausgestatten Eltern uns so dermaßen tyrannisiert, dann schaffe ich Ruhe! Gerne auch mit der PlayStation.

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